Brautfrau aus Schönwald | |
Das Leben in Oberschlesien war zu unserer Zeit (und der unserer Voreltern) von starker, un- verwüstlicher Lebensfreude getragen und von vielen Sitten und Bräuchen, meist kirchlicher Herkunft, geprägt. Das schönste weltliche Fest war natürlich die Hochzeit. Die Brautfrau, die unser Titelbild zeigt, begleitete am Tage vor der Hochzeit das „Brautfuder" zum Haus des Bräutigams, oben auf dem Wagen mit dem Hausrat thronend; sie wurde in dieser Eigenschaft „Bettfrau" genannt. Am Hochzeitstag, an dem der Vater seine Tochter aus dem Haus entließ (nachdem er sie gesegnet hatte) und sie dem Brautführer, dem Druschma (Druschba), übergab, wurde die Bettfrau zur Brautfrau; sie wurde vom Bräutigam zur Kirche begleitet. Erst beim Heimgang von der Kirche führte der junge Mann seine junge Frau. Kinder spannten ein Seil über den Weg, und die Gesellschaft mußte ein Passiergeld zahlen. Das Hochzeitsessen fand in der Regel im Hause der Braut statt, nicht selten aber auch in dem des Bräutigams. Am Schluß des Festmahls wurde mit einem Teller gesammelt „für das Wiegen- band", für den Druschba, die Kochfrau, die Aufwaschfrau und für arme Kinder. Zuschauer erhielten Kostproben vom Essen durch das Fenster gereicht. Am Abend begab sich die Gesell- schaft - unter Vorantritt der Musikanten - in das Gasthaus zum Tanz. Um Mitternacht nahm man der Braut das Myrtenkränzlein ab und „haubte sie ein". Der Tanz ging weiter bis in die Morgenstunden. Manchmal dauerten Hochzeiten drei Tage lang. „50 Gäste waren nichts Sel- tenes". Der Hochzeitsführer sorgte für die Unterhaltung. (Nach Josef Klapper, Schlesische Volks- kunde, Brentano-Verlag, Stuttgart, 1952, S. 143 -144). . Sehr lebendig wird eine oberschlesische Hochzeit geschildert in dem Roman „Die Rose von Przerwa" des Schriftstellers Walter Tesche (ersch. 1846 bei Brockhaus in Leipzig), in der Erzäh- lung „Hochzeit, Hochzeit" von Arnold Ulitz (1940, neu aufgelegt 1949 bei Brentano-Verlag, Stuttgart) und in dem Roman „Schymanowitz oder Die ganze Seligkeit" von Egon H. Rakette A r a. (1965 im Oberschlesischen Heimatverlag, Augsburg) |